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"Religion, Politik & AIDS in Italien"

Abteilung für Experimentelle Pathologie und Onkologie. Universität von Florenz, Italien.

Das italienische Gesundheitssystem gilt als eines der besten der Welt, die Lebenserwartung in Italien ist unter den höchsten in Europa; italienische Frauen werden durchschnittlich 84 Jahre alt - das ist die dritthöchste Lebenserwartung in der Europäischen Union nach Spanien (84,3) und Frankreich (84,4), italienische Männer werden durchschnittlich 78,6 Jahre alt, an zweiter Stelle nach Schweden (79). Die geschätzte Zahl HIV-Positiver in Italien beträgt zwischen 140.000 und 150.000.

Da jedoch 66% der AIDS-Patienten ihren serologischen Befund vor der AIDS-Diagnose nicht kennen, ist anzunehmen, dass die Zahl höher ist: Von diesen mehr als 150.000 starben im Jahr 2008 202 Menschen an AIDS. Es ist unwahrscheinlich, dass eine derart niedrige Letalität frühzeitiger antiretroviraler Therapie zu verdanken ist, nämlich einer Therapie vor dem Auftreten von AIDS-Symptomen; nur 34% der AIDS-Patienten erhalten antiretrovirale Therapie vor dem Auftreten von Symptomen. Die Daten aus den wenigen Regionen in Italien, die neue HIV-Infektionen registrieren, zeigen, dass die relativen Anteile HIV-positiver Männern und Frauen über die Jahre gleich geblieben sind, während der vermutete Übertragungsweg von ursprünglich drogenbedingten 75% auf 5% gesunken ist und der vermutete sexuelle Übertragungsweg von weniger als 10% auf ungefähr 80% gestiegen ist. Diese Daten werfen ein seltsames Licht darauf, wie die Infektion über verseuchte Injektionsnadeln jeweils bei Männern und Frauen zustande gekommen sein könnte. Sie muss in genau derselben Relation stattgefunden haben, wie die vermutete sexuelle Übertragung der HIV-Infektion bei Männern im Vergleich zu Frauen. Stattdessen ist das zahlenmäßige Verhältnis von Männern zu Frauen, die an AIDS erkrankt sind, von 1985 bis 2008 konstant geblieben.

All diese Betrachtungen lassen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen HIV-Seropositivität und AIDS zweifelhaft erscheinen; offenbar erwägt auch das italienische Gesundheitsministerium die Möglichkeit, dass es sich dabei um zwei voneinander völlig unabhängige Dinge handeln könnte, da es offizielle kundtut, die Diagnose AIDS könne auch ohne einen positiven HIV-Befund gestellt werden.


Marco Ruggiero